Trotz neuer RadwegeKölner fuhren im Jahr 2023 seltener Fahrrad

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Gefahrenstellen fuer Radfahrerinnen - Zuelpicher Straße

Gefahrenstellen fuer Radfahrerinnen - Zuelpicher Straße

Trotz vieler neuer Fahrradwege ist der Radverkehr in Köln 2023 nicht gewachsen - im Gegenteil. 

Der Fahrradverkehr in Köln hat sich im vergangenen Jahr leicht rückläufig entwickelt. Die Stadt registrierte an ihren Dauerzählstellen rund 19,3 Millionen Fahrten. Das waren zwar 245 145 mehr als 2022 und so viele wie noch nie. Allerdings gab es auch noch nie so viele Zählstellen, Stand heute sind es 20. Die an der Gladbacher Straße kam erst gegen Ende 2022 dazu und erhöhte die Bilanz im vorigen Jahr um 653 457 Fahrten.

Lässt man sie weg und nimmt nur die Werte der anderen, schon länger bestehenden Zählstellen, ergibt sich beim offiziell erfassten Radverkehr für 2023 ein leichtes Minus in Höhe von 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach dem starken Rückgang im Corona-Jahr 2021 und einem kräftigen Wachstum im Jahr 2022 stagnierten die Zahlen also zuletzt eher.

Die Stadt Köln sieht dennoch eine positive Entwicklung. Der Radverkehr sei „relativ stabil geblieben“ - und das „trotz des eher regenreichen Jahres 2023“. Außerdem habe man mit 10 563 Fahrten an einem Tag an der Zählstelle Universitätsstraße einen neuen Rekordwert registriert. Zudem zeige der langfristige Trend eindeutig aufwärts und verdeutliche die Bedeutung des Radfahrens für die Mobilität der Menschen in der Stadt. An den Zählstellen, die schon seit 2017 im Einsatz sind, sei der Anteil der Radfahrer in den vergangenen sieben Jahren um 26 Prozent gestiegen, teilte die Stadt mit.

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Rückgang auch auf der Venloer Straße

Spitzenreiter bleibt die Venloer Straße mit 1,9 Millionen Fahrten - 4,6 Prozent weniger als 2022 (siehe Grafik). Dass es hier einen Rückgang gab, könne möglicherweise auch an dem Verkehrsversuch gelegen haben, meint Christoph Schmidt, Vorsitzender des Kreisverbands Köln des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Das Verkehrsdezernat hatte auf der Venloer Straße Ende 2022 eine Tempo-20-Zone mit Rechts-vor-links-Regelung eingerichtet und damit über Monate für teils chaotische Zustände gesorgt.

Die Stadt verweist angesichts der stagnierenden Zahlen auf den vielen Regen. Doch müsste der Radverkehr nicht eigentlich unabhängig vom Wetter zulegen angesichts der vielen neuen Fahrradspuren, die die Stadt in den letzten Jahren geschaffen hat? Etwa auf der Nord-Süd-Fahrt oder der Riehler Straße?

In der Innenstadt haben wir inzwischen auf vielen Strecken ein gutes Niveau erreicht. Aber die Außenbezirke werden bisher vernachlässigt.
Christoph Schmidt, Vorsitzender ADFC Köln

In der Innenstadt komme es zu gewissen Verlagerungs- und Sättigungseffekten, sagt Schmidt. Daher sei es nicht ungewöhnlich, dass die Zahlen an den Zählstellen schwankten. Damit der Radverkehr weiter wachsen könne, müsse die Stadt endlich auch die Problemfälle angehen. Schmidt nennt hier zuvorderst die Luxemburger Straße, wo es bisher überhaupt keine Infrastruktur für Radfahrer gibt. Er erinnert auch an die seit langem erhobene Forderung, eine Spur im Rheinufertunnel für den Radverkehr freizugeben. Die Situation um die Einsturzstelle am alten Stadtarchiv sei für Radfahrer ebenfalls absolut unbefriedigend. Wenn die KVB dort den Bau des neuen Straßendeckels abgeschlossen habe, solle die Severinstraße hier autofrei bleiben, schlägt Schmidt vor. „Dann könnte am Waidmarkt eine tolle Platzfläche mit viel Aufenthaltsqualität entstehen.“ Nicht zuletzt müssten auch die Lücken auf der Nord-Süd-Fahrt zwischen Cäcilienstraße und Eigelstein geschlossen werden.

Um das Ziel Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, müsse die Stadt beim Ausbau des Radverkehrs aber noch viel mehr tun, unterstreicht der ADFC-Vorsitzende. „Wenn wir mehr Radverkehr in Köln wollen, müssen wir anfangen, auch außerhalb der Innenstadt vernünftige Fahrradinfrastruktur zu schaffen. In der Innenstadt haben wir inzwischen auf vielen Strecken ein gutes Niveau erreicht. Aber die Außenbezirke werden bisher vernachlässigt“, so Schmidt. Damit sich hier mehr tue, brauche die Stadtverwaltung aber dringend mehr Personal für die Umsetzung. „Ohne zusätzliche Fachleute geht es nicht. Die benötigten Stellen müssen jetzt endlich geschaffen und ausgeschrieben werden.“

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